Schreiben ist unter anderem auch ein rein motorischer Prozess, eine komplexe Bewegung, und lässt sich deshalb trainieren wie andere "Fingerfertigkeiten" auch. Dadurch aber, dass die Kinder quasi von Anfang an Texte schreiben, liegt das Augenmerk fast ausschließlich auf dem Inhalt. Viele Kinder haben noch nie Gelegenheit gehabt, sich ganz auf ihre Schrift zu konzentrieren. Der Schrifterwerb ist dann oft eher schlecht als recht "mitgelaufen". Manche Linienführungen sind von Anfang an "selbst erarbeitet" und falsch automatisiert.
Eine gute Handschrift ist keine Frage der Intelligenz, sondern der richtigen Übung. So gibt es beispielsweise Kinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen, die eine gut lesbare, zügige Handschfrift haben, obwohl sie kaum lesen können, und andererseits Gymnasiasten, die sehr gut formulieren und Texte verfassen können, diese aber nicht in einer lesbaren Schrift zu Papier bringen können.
Ist die Schrift von Anfang an deformiert oder später entgleist, präsentiert sie sich oft wie ein einziges Chaos. Die Aufforderung, lesbarer zu schreiben, führt ins Leere und nur zu Frustration, denn das Kind weiß ja gar nicht, was denn genau falsch ist an seiner Schrift (und die Erwachsenen meistens auch nicht). Um eine Schrift zu korrigieren muss man jedoch wissen, wie und warum die jeweilige individuelle Handschrift so geworden ist. Dieser Frage bin ich am Beispiel von mehreren Hundert Schriften nachgegangen.
Ein Schrifttraining bietet die Möglichkeit, Einzeldefizite zu erkennen und Schritt für Schritt zu korrigieren. Ganz wichtig ist, dass das Kind sich jeweils nur auf einen Buchstaben oder eine Verbindung konzentriert, denn es ist nicht leicht, in automatisierte motorische Prozesse einzugreifen. Die Korrektur der Schrift bedeutet ein Umlernen - was wesentlich mehr Energie erfordert als ein "Neu-Lernen". Auch aus diesem Grunde kann die Bedeutung der korrekten Schreibweise von Anfang an gar nicht genug betont werden.
Im Folgenden finden Sie eine Anleitung zum Schrifttraining, eine Zusammenfassung meines Vortrages beim BLLV in München vom 20.04.13
(Zum besseren Verständnis empfiehlt es sich, vorher den Beitrag "Lupe auf die VA" zu lesen.)